Montag, 26. Mai 2025

Euphorie und Wehmut


Vor knapp 20 Jahren habe ich mir den MadRiver Independence als erstes ernst zu nehmendes Soloboot gekauft. Ich habe das Boot lange und viel genutzt und seine Nutzung hier penibel dokumentiert. Aus der Dokumentation wird ersichtlich, dass ich es in den letzten fünf Jahren kaum mehr genutzt habe. Das hängt mit den beiden Beinbrüchen 2020 zusammen. Seitdem paddele ich auch kein Wildwasser mehr: Ich kann nicht mehr sicher auftreten und die Verletzungsgefahr mit einem schweren Boot auf dem Buckel ist mir zu groß. 

Als nun Albert im Canadierforum Interesse am Kauf einer Reihe von Bootsmodellen geäußert hat - u.a. dem Independence - habe ich fahrlässigerweise mein Verkaufsinteresse artikuliert. Albert hat nachgehakt. Ich konnte keinen Rückzieher mehr machen...


Wie dem auch sei. Gestern nun haben wir uns getroffen. Ich habe im Vorfeld das Boot nochmal sauber gemacht, die Bootsleine und meine Einbauten für die Polingstangen entfernt. Albert hat das Boot aufgeladen und ist damit an die Werra gefahren, wo es ab jetzt flussauf und -ab unterwegs sein wird. Er wird hoffentlich viel Spaß damit haben und das Boot wieder etwas aufmöbeln (u.a. die Holzwurmlöcher im Süllrand, die er gestern entdeckt hat - mir sind sie selbst beim Putzen nicht aufgefallen - so behandeln, dass die Biester ihr Vernichtungswerk einstellen).


Als er mit dem Boot davon gefahren ist war mir schon schwer ums Herz. Er wiederum war hoch enthusiastisch. Ich kenne dieses Gefühl. Von den einstmals acht MadRiver-Booten, die ich in meiner Paddellaufbahn genutzt habe, ist nun keins mehr übrig. Stattdessen verlagert sich mein Sammel- und Nutzungsinteresse auf Ultraleicht-Boote (hier - da erhältlich - auf WeNoNah-Boote), die ich noch schultern und durch die Gegend tragen kann. 

Samstag, 3. Mai 2025

Ottenheimer Altrheinarme als Notlösung

Die Idee den "Unterlauf" des Ill zu paddeln war keine Gute. Nachdem ich den Fluss am frühen Morgen in der Nähe von Kilstett erreicht habe fand ich erst länger keine geeignete Einsatzstelle und als ich schließlich doch in La Wantzenau eine Möglichkeit fand erschien mir der Fluss zu schnell, zu breit und das Umfeld zu urban.
  
 
Ich hatte bei meinem ersten Stop ein kleines Nickerchen gemacht (nachdem ich gegen halb Sechs losgefahren war) und die Sonne schien bereits ziemlich gnadenlos vom Himmel.


Als Alternative wählte ich - ähnlich wie 2923 - die Ottenheimer Altrheinarme. Bei der Aussatzstelle befindet sich ein Bäckereicafé, bei dem ich ein zweites Frühstück zu mir nahm. Dann setzte ich das Boot an der Aussatzstelle ein und arbeitete mich flussauf. 

Ich nahm schnell wahr, dass der relativ niedrige Pegel nicht etwa zu langsamerer Strömung führte sondern die seichten Stellen beschleunigte, an denen sich das Paddel nicht richtig durchziehen lässt. Ich legte bei passender Gelegenheit an und beraubte einen Haselbusch eines geeigneten Schößlings, den ich an diesen Stellen nun als kurze Stakstange benutzte. Diese Stange war schwer und unhandlich und gleitete ohne festen "Schuh" immer wieder im Flussgrund ab, aber sie ermöglichte ein Fortkommen ohne ein kostspieliges Paddel zu ruinieren.


Während einer längeren Pause beraubte ich die Haselstange ihrer Rinde (die läßt sich erstaunlich gut weg schälen wenn man sie der Länge nach einschneidet) und beschäftigte mich bei meiner Weiterfahrt gedanklich damit sie mit einem Schuh und so mit Einkerbungen zu versehen, dass sie perfekt in das kleine Boot passt. Sie schmiegt sich förmlich an den Süllrand an.

Schließlich erreichte ich den Scheitelpunkt meiner heutigen Fahrt: ein Seitenkanal zum Rhein, aus dem über ein Rohr Wasser aus einem zusätzlichen Rheinseitenkanal in die Rheinauen fließt.


Ein Überqueren des Seitenkanals zum Rhein war an dieser Stelle nicht möglich und auch nicht ratsam, wenn ich mich nicht die ganze Rückfahrt der Sonne aussetzen wollte. Ich paddelte also quasi die gleiche Strecke zurück, nahm - nachdem ich das Boot und die um die Stakstange angewachsene Ausrüstung im und auf dem Auto verladen hatte - im Bäckereicafé noch ein Stück Kuchen zu mir und machte mich allmählich quer über den Schwarzwald auf den Heimweg. Zuhause angekommen lagerte ich die Stakstange zum Trocknen ein und verstaute das Boot - nach einer gründlichen Reinigung - über dem Sofa.

Dann machte ich es mir auf letztem bequem und ließ den Tag ausklingen, der so früh begonnen hatte und nur teilbefriedigend verlaufen war.