Samstag, 5. April 2014

Markenfetischismus?

In meiner kleinen Flotte befinden sich fünf Boote der Marke MadRiver Canoe (Independence, Sundance, Courier, M.E. und Explorer TT). Drei weitere MadRiver-Boote fallen mir ein, die ich mal besessen aber wieder verkauft habe (Outrage, Escape und Fantasy).


Die Firma MadRiver hat inzwischen in Greenville im Bundesstaat South Carolina im Osten der USA ihren Sitz. Die Firma ist besonders stolz auf ihre Geschichte und auf die frühe Bootsproduktion, die 1971 im Bundesstaat Vermont eingesetzt hat. Gleichzeitig sind bedauerlicherweise weder die Firma noch der deutsche Importeur (Blue and White) in der Lage Anfragen zu beantworten, die sich auf ältere Bootsmodelle beziehen.

Beim Importeuer kann man das ja noch nachvollziehen. Er versteht sich laut Angaben auf seiner auch sonst erschreckend inkonsistenten Homepage als „Kajakgroß- handel“ – da spielen Canadier eine untergeordnete Rolle. Beim Hersteller selbst ist vermutlich auch nicht viel zu erwarten. Der Eigentümer hat inzwischen gewechselt, der Standort ist ein anderer und die Firmenphilosophie ist auf Gewinnmaximierung ausgerichtet. Darüber kann auch die liebevoll gestaltete Webseite nicht hinweg täuschen.

Flüsse mit dem Namen „Mad River“ gibt es eine ganze Reihe. Einer davon fließt in Ohio ein andere in Kalifornien. Der, an dessen Ufern die Marke MadRiver ihren Ursprung nahm ist jedoch wohl der in Vermont.

Was ich an den Booten von MadRiver besonders schätze ist die Rumpfgeometrie und die liebevolle Verarbeitung der Holzsüllränder und Einbauten. Nicht ganz zufällig waren zwei der drei Boote, die ich wieder verkauft habe, welche, die keinen Holzsüllrand hatten. 


MadRiver hat bei Tourenbooten eine Vorliebe für V-Rümpfe. Diese Rumpfform mag für ein/zwei Zentimeter mehr Tiefgang sorgen aber sie begünstigt den Geradeauslauf der Boote ungemein. Aufgekantet lassen sich so konstruierte Boote eben so leicht manövrieren wie Rundbodenboote. Das gilt besonders für den Sundance, den Explorer und seinen kleinen Bruder, den Courier. Der Independence hat in der Mitte einen Rundboden. Damit reduziert sich der Tiefgang auf ein reguläres Maß. Der M.E. hat durchgängig Rundboden. Sein Design hat John Berry von einem ostdeutschen Slalomkajak abgeleitet, das nach einem Wettbewerb in den USA verblieben ist.


Meine Vorliebe für MadRiver-Boote ist vermutlich eher ein Zufall. Ebenso gut könnte ich Canadier von Dagger bevorzugen, die leider längst nicht mehr produziert werden. Die Boote dieser Marke, die ich gepaddelt habe oder mal anfassen durfte, zeichneten sich ebenfalls durch eine besonders gute Verarbeitung und gelungene Rumpfformen aus. Aber halt, von Dagger habe ich ja auch zwei Boote. Da wäre das kleine Gelbe (Phantom) und der Sojourn. Beide Boote sind aus meines Erachtens besonders hochwertigem Royalex gefertigt.


Es gibt natürlich viele weitere Marken, die gute Boote produzieren. Einige davon sind erheblich weniger verbreitet als MadRiver-Boote. Diesen Verdienst muss man wohl dem Importeur zuschreiben: er hat es geschafft frühzeitig eine Großzahl von Booten von MadRiver nach Europa zu schaffen. Ähnliches gilt für Dagger. Die Canadier dieser Marke haben vermutlich dadurch, dass es ebenfalls viele erfolgreiche Kajaks des gleichen Herstellers gab, weite Verbreitung gefunden. Letztlich fiel ihre Produktion jedoch dem Erfolg der Kajaks zum Opfer. Die offenen Boote ließen sich nur mit erkennbar geringerer Gewinnspanne verkaufen und die Produktion wurde deshalb eingestellt.


Übereinstimmendes Merkmal meiner Leidenschaft für Boote von MadRiver oder Dagger ist, dass es sich um Boote handelt, die längst nicht mehr produziert werden (eine Ausnahme bildet der MadRiver Explorer). Die Hersteller sind offenbar darauf angewiesen bewährte Bootsformen zu verwerfen um mit „neuen“ Bootstypen mehr Nachfrage am Markt zu generieren. Wirklich wesentliche Verbesserungen kommen dabei nicht zustande. Tatsächlich wird die Produktion bewährter Modelle von anderen Herstellern übernommen. So stellt MadRiver inzwischen das ehemalige Dagger Modell „Legend“ her. NovaCraft bietet seit Neuestem den alten Dagger Ocoee an, der zwischenzeitlich auch von Bell produziert wurde.

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