Montag, 11. April 2011

Passfahrt

Für Sonntag war eine Großausfahrt zum Erwerb des fortwährend umstrittenen Paddel Pass angekündigt und ich hatte mich als Co-Trainer zur Unterstützung der beiden Initiatoren aufgedrängt. Wir trafen uns also um Halbzehn, beluden den Anhänger und die Autos und machten uns zunächst ein wenig über die Hintergründe des Paddel Pass, Ausrüstungsfragen und Bootstransporttechniken kundig. Überhaupt wurde diese Fahrt von diversen kleinen Lehrpausen unterbrochen. Christian und Roland gelang es ganz gut die unterschiedlichen Vorkenntnisse aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu bündeln und die erforderlichen Inhalte dieser Schulung so zu vermitteln, dass jeder ein wenig beitragen konnte.


Wir brachen schließlich kurz vor Halbelf nach Horb auf und trafen dort auf eine Gruppe Heidelberger Paddler, die uns keines Blickes würdigten - ein Phänomen, das mir zuletzt auf dem Golfplatz begegnet ist. In Paddlerkreisen habe ich das so noch nie erlebt. Gewöhnlich interessieren sich Paddler ja für einander, drängen ihre Hilfe auf und sind kommunikativ. Die Heidelberger Kinder waren etwas kontaktfreudiger und berichteten, dass sie schon drei Tage da seien und den Neckar abpaddelten. Dafür haben sie sich das richtige Wochenende ausgesucht.

Wir hatten gewisse logistische Schwierigkeiten mit dem Rückholauto, die durch den Einsatz von Handys und Klemens Fahrbereitschaft gelöst werden konnten. Unsere Boote beförderten wir an der Einsatzstelle ganz nach oben weil dort die Buhnen des renaturieren Neckars vielfältige Übungsmöglichkeiten bieten. Wir teilten uns in zwei Gruppen auf (Doppel- und Stechpaddler) und fuhren in der ersten Stunde alle Kehrwasser an und übten Seilfähren vor- und rückwärts.


Dann ging es Neckarabwärts auf diesem immer wieder von kleinen Schwällen unterbrochenen relativ ruhigen Abschnitt des Flusses. Dort, wo sich mal eine Welle bildete hielt man sich länger auf, aber der niedrige Wasserstand bot wenig Spielpotential. Von ganz anderen Bedingungen zeugten die Überreste der Winterhochwasser, die allenthalben am Ufer und vor Flusshindernissen zu sehen waren: Allerlei Treibgut hatte sich an vielen Stellen angesammelt.




Wir hatten auf der Fahrt vier Wehre zu überwinden von denen das eine oder andere befahrbar ist. Aufgrund des niedrigen Wassers beschränkten wir uns darauf lediglich das erste Wehr hinunter zu rutschen. Ich durfte es immerhin zweimal befahren weil mit Claudia den Ottowa überließ (mir eine Freude machend und sich die Umtragung des Bootes ersparend). Das Boot tauchte tief ein und ich nahm allerhand Wasser über, dass ich anschließend wieder ausschöpfte. Klemens hat die Bilder davon angefertigt.



Unterhalb dieses Wehrs eilten Rolf und ich vor damit wir am nächsten schon mal Kaffee aufsetzen konnten. Ein einladendes Kehrwasser rechts wollten wir doch nicht auslassen und Rolf steuerte seinen Raven souverän hinein. Ich wollte meinen Fantasy oberhalb in einem sehr schmalen Bereich "einparken" und geriet mit dem Bug zwischen zwei Felsen. Der Bug verklemmte sich, Wasser strömte ins Heck und ich sprang aus dem Boot ins knietiefe Wasser. Immer mehr Wasser drückte aufs Heck und der Bug verformte sich vor meinen Augen. Jeden Augenblick mussten die Eschensüllrender bersten. Deshalb bot ich alle Kraft auf das inzwischen fast vollgelaufene Boot noch einmal gegen die Strömung aus dem Wasser zu heben und aus der Verklemmung zu befreien. Das gelang auch. Ohne Luftsäcke im Boot wäre ein erheblich größerer Schaden eingetreten als lediglich die neue Narbe im Royalex, die mich künftig an dieses Mißgeschick erinnern wird.

Am zweiten Wehr -  ungefähr auf halber Strecke - machten wir eine Pause, kochten Kaffee und legten eine Wurfsackwurfübung ein. Christian setzte sich einen Helm auf und bot sich als Ziel an und bekam gleich zuerst meinen Karabiner ans Kinn, der in der dafür vorgesehenen Neopren-Tasche des Prijon-Wurfsacks steckte. Die taugt also nix. Der Karabiner muß vor dem Wurf definitiv abgemacht werden.


Am Wehr in Eyach hatte sich so viel Treibgut vor der Insel zwischen Wehr und Fischtreppe angesammelt, dass man dort gar nicht anlanden konnte. Wir mussten deshalb die Boote über die Wehrkrone schieben und eins nach dem anderen darunter ins Wasser befördern. Die Paddlerinnen und Paddler eierten ähnlich behutsam über die rutschige schiefe Ebene ans Wasser.


Weniger beschwerlich war die Überwindung des letzten Wehrs bei Börstingen (auch wenn es hier dann doch zu einem beklagenswerten Ausrutscher kam, dessen Resultat ein nasser Hosenboden war). Unterhalb dieses Wehrs mussten wir lange im seichten Wasser treideln.


Schließlich kamen wir an das Naturwehr beim Golfplatz unter der Weitenburg. Wir setzten unsere Helme auf um vor tieffliegenden Golfbällen geschützt zu sein und sausten die turbulente Abfahrt hinunter, die ich vergangenen Sonntag noch tapfer bergauf gestakt bin.

Nach diversen weiteren Flusskehren kamen wir schließlich erst gegen Halbsieben in Bieringen an. Wir zogen uns um, die Autos wurden geholt, die Boote und Ausrüstung verladen, die verbeulten Leihboote des örtlichen Verleihers (sowie seine bemittleidenswerten Kunden) bedauert und es ging heim nach Tübingen wo alle ihre Pässe ausgehändigt bekamen.

Es war eine schöne, lange, strapaziöse und befriedigende Ausfahrt im Kreis der Paddelfreunde. Ich habe mir einen veritablen Sonnenbrand eingefangen weil ich wieder versäumt habe mich einzucremen und bin heute - am Tag danach - immer noch gerädert. Aber das war es schließlich wert.

Meine Bilder von gestern (in Form einer Diaschau) gibt es hier.

1 Kommentar:

  1. Zum dem Karabiner in der Wurfsacktasche sei gesagt, dass er den Aufprall schon mindert und im Fall der Fälle, wenn ein Karabiner mitgeworfen werden soll, schon sehr zu gebrauchen ist. Mich traf das Teil jedoch überraschend unvorbereitet. Christian

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