Am zweiten Tag hatte ich das Vergnügen, einen von vier Prototypen des neuen Silverbirchmodells "Rebell" zu testen. Es handelt sich um eine Vorform dieses etwas längeren und schnelleren Wildwassercanadiers, die ein V-förmiges Heck und eine ziemlich lang gezogene Bugpartie hat. Von vorne sieht er - abgesehen von der Länge - nicht anders als das Erfolgsmodell "Covert" aus und auch das Seitenprofil mit den stark eingezogenen Süllrändern gleicht dem des Covert.
Ich stattete das Boot nach einen Frühstück im Wald und einem Kaffee in Lingenau am späteren Morgen mit drei Luftsäcken aus, weil die beiden beiliegenden etwas zu kurz waren. Dann wartete ich auf die vielen Mitstreiter, die sich für 10 Uhr an der Aussatzstelle verabredet hatten. Früh trafen Michel und Ameli ein, von denen ich einen Kaffee schnorren konnte. Später kamen dann Susanne und Martin, die heute ihr eigenes Boot paddeln wollten.
Wir warteten bis Viertel nach Zehn, bemühten uns um Aufklärung, aber das Funkloch, in dem wir uns befanden, ließ diese nicht zu. Später erfuhren wir von einer Planänderung (die am Abend davor noch brüsk abgelehnt worden war). Man hatte sich entschieden, sich in Andelsbuch zu treffen und Klemens und Anita waren davon auch in Kenntnis gesetzt worden.
Wir beschlossen den deutlich höheren Pegel zu nutzen und ab Bezau zu paddeln. Mein Auto blieb an der Aussatzstelle stehen und mit den beiden anderen beförderten wir die vier Boote flussauf. Mein Testboot war sogar länger als Susannes und Martins Tandemboot und ich machte mir allmählich Sorgen, ob es wirklich eine gute Idee war, mit diesem langen Boot die gelegentlich doch etwas verwinkelte Bregenzer Ach hinunterzupaddeln.
Nach den ersten 100 Metern konnte ich jedoch wahrnehmen, dass ich mit dem langen Boot auch in die Kehrwasser kam - es kostete lediglich ein wenig mehr Kraftaufwand und es empfahl sich, leere Kehrwässer zu wählen, weil ich mit dem langen Bug Gefahr lief, meine Mitpaddlerinnen und -paddler plattzuwalzen.
Deshalb fuhr ich auch häufig voraus, besetzte die etwas größeren Kehrwässer und machte Bilder. So auch am Klettergarten, durch den wir mitten hindurch paddelten.
Das Wetter klarte langsam auf und der Regenschauer, der uns an der Einsatzstelle noch überrascht hatte, sollte der letzte für diesen Tag gewesen sein.
Kurz nach dem Klettergarten ist eine ziemlich abschüssige stark verblockte Flusspassage zu bewältigen, die mir schon häufiger Schwierigkeiten bereitet hat. Ich kann mich an die eine oder andere Kenterung erinnern. Diesmal blieb ich verschont - auch weil der Rebell mit seiner Länge über jedes Loch hinweg gleitet und weil ich glücklich genug war, nicht quer vor irgendwelchen Felsen hängenzubleiben. Nicht jede und jeder hatte dieses Glück.
An einer weiteren Stelle, an der sich der Fluss teilt, wählte ich die rechte Route, was sich im Nachhinein als gute Entscheidung erwies. Die linke war so seicht, dass selbst die Kajaks getreidelt werden mussten.
Am Wehr in Andelsbuch wurden wir Zeugen eines Beinaheunfalls. Ein Kajakpaddler, der vorher noch lange das Wehr besichtigt hatte, fuhr es viel zu weit rechts hinunter, kam auf den darunter liegenden Felsen auf und entstieg seinem vom Wasser weg gedrückten Boot auf wundersame Weise unverletzt. Sein Boot konnte er am Abend - als das Wasser wieder abgedreht wurde - hoffentlich wieder bergen.
Wir rauschten weiter die ziemlich braunes Wasser führende Bregi hinab. Der Wasserdruck war erheblich höher als am Vortag und ab und zu bildeten sich große Löcher, über die ich mit dem langen Rebell unschwer hinüber gleiten konnte. Im Prelude hätte ich sie aufwändig umfahren müssen. Manöver in dem langen Boot sind allerdings auch erheblich kraftaufwändiger als im Kurzboot.
Irgendwann trafen wir auch unsere Mitstreiter. Da wir inzwischen einen ganz anderen Rhythmus hatten, hielten wir uns bei ihrer Pause nicht lange auf, sondern paddelten weiter zum High-5, wo wir letztlich etwas zu uns nahmen.
Gegen Ende unserer Pause fuhr die kleine Canadier-Armada an uns vorbei. Es ist schon erfreulich, dass sich so eine große Gruppe Canadierpaddler zusammengefunden hat und an den "Wälder-Kajak-Tagen" teilnimmt.
Wir überholten die Gruppe erneut am Lingenauer Tobel, paddelten dort aber zügig weiter. Der lange Rebell bietet sich auch nicht gerade fürs Kehrwasserhopping oder Surfen und damit langsames Wildwassern an.
An der Aussatzstelle angekommen beraubte ich den Rebell seines zusätzlichen Luftsacks, holte zusammen mit Michel und Martin die Autos von der Einsatzstelle, verlud das Boot und die nassen Paddelklamotten und machte mich auf die Rückfahrt, auf der ich verabredungsgemäß das Boot in Hörbranz bei Alex abgab. Jan holt es sich dort in der kommenden Woche.
Ich bin froh, das Boot ausprobiert zu haben. Grundsätzlich gefällt es mir gut. Es ist sehr fehlerverzeihend. Anfänger werden vielleicht anfänglich mit der schmalen Bootsform Probleme haben, aber wenn die überwunden sind, ist das ein großartiges pfeilschnelles Boot, das trotz seiner Länge noch recht manövrierfreudig ist. Für meinem Bedarf hätte dem Boot ein wenig mehr Kielsprung im Bug und eine leicht nach vorne verlagerte Sitzposition gut getan. Ersteres wird wohl nicht realisiert werden. Die Position kann man als Bootsbesitzer ja beeinflussen.
Die Rückfahrt verlief - trotz deutlich höherem Verkehrsaufkommen - reibungslos.
Nach dem kenterfreien Sočaurlaub und den beiden ebenfalls kenterfreien Tagen an der Bregi habe ich den Eindruck, dass ich nach längerer Paddelabstinenz doch noch ganz passabel wildes Wasser paddeln kann. Weiteren Wildwasserfahrten sehe ich deshalb zuversichtlich entgegen.
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