Montag, 3. September 2012

"Let Them Paddle" - Alan S. Kesselheim


Al Kesselheims Bücher lesen sich generell angenehm leicht. Das hat nichts mit inhaltlicher Leichtigkeit zu tun sondern mit seinem Schreibstil. Er behandelt durchaus schwierige Themen, ist aber in der Lage sie so aufzubereiten, dass man seiner Argumentation gut folgen kann. Dabei komponiert er seine Texte geschickt um - z.B. Flussverläufe - so dass seine Erzählung nicht unbedingt chronologisch bleibt. Davon profitieren - anders als bei anderen Autoren, die das um eines Effekts willen tun - Finkelsteins Texte.

In den Buch "Let Them Paddle. Coming of Age on the Water" beschreibt er natürliche und inszenierte Initationsprozesse seiner drei Kinder im Übergang zum Erwachsenwerden. Alle drei haben jeweils gewissermaßen einen Herkunftsfluss. Das ist der Fluß auf dem ihre Eltern gepaddelt sind als die Mutter, Marripat Zitzer, mit dem jeweiligen Kind schwanger war.

Al Kesselheim und Maripat Zitzer sind obszessive Paddler. So verwundert es nicht, das sie hochschwanger oder auch mit kleinen Babys lange Flussreisen unternommen haben. Von diesen Reisen und von deren Wiederholung mit den fast erwachsenen Kindern handelt das Buch.

Die Kesselheims/Zitzers sind alles andere als eine typische amerikanische Familie. Sie leben in Montana, kultivieren ein gewisses Maß an Technikablehnung und stehen aufgesetzter Religiösität wohltuend kritisch gegenüber. Al Kesselheim flicht immer wieder Sozial- und Konsumkritik und ökologische Erörterungen oder auch mal historische Hintergründe in seine Texte ein. So entsteht ein anschaulicheses Bild der widersprüchlichen aktuellen US-amerikanischen Gesellschaft und Kultur.

 Kerngegenstand des Buches sind allerdings die Flussreisen die diese untypische nicht eben wohlhabende amerikanische Familie im Laufe einiger Jahre auf ihrem Kontinent unternommen hat. Folgende Flüsse werden geschildert: der Kazan in Nordkanada, der Yellowstoneriver von der Quelle bis zur Mündung, der Sealriver am Westufer der Hudsonbay und ein selten bepaddelter länger Abschnitt des Rio Grande rund um den Big Bend Nationalpark quasi auf der Grenze zwischen Texas und Mexiko. Stets handelt es sich bei diesen Reisen um mehrwöchige Gepäckfahrten (mit Ausnahme einer einwöchigen Wanderung zur Quelle des Yellowstone). Das Leben im Lager, Campingtechniken, Begegnungen mit wilden Tieren und exzentrischen Menschen sowie die unbeschwerten Badevergnügungen der Kinder oder Mißgeschicke beim Paddeln werden detailliert und amüsant beschrieben.

 Kesselheim moralisiert. Das tut er argumentativ und nachvollziehbar. Man muss seine Moral und skeptische (teils pessimistische) Weltsicht nicht teilen aber man kann sie nachvollziehen und respektieren.

 Ich mache oft den Fehler, dass ich Bücher nebenher (selten mehr als zehn Seiten am Stück) lese. Das sollte man mit Al Kesselheims Buch nicht tun. Diesmal hatte ich es im Urlaub dabei und war so in der Lage in aller Ruhe lange Abschnitte zu lesen. Damit wird man diesem lesenswerten, unterhaltsamen und lehrreichen Buch gerecht.

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