Sonntag, 5. Juli 2020

Rheinseitenkanal

Es ist völlig an mir vorüber gegangen, dass bei den Paddelfreunden so etwas wie Normalität eingetreten ist. Die Lechfahrt, die dieses Wochenende stattfand, habe ich schlichtweg verpennt. Stattdessen habe ich ein weiteres Solowochenende geplant und realisiert.

Ich habe mich sehr an diese Solounternehmungen gewöhnt. Sie sind ein Stückweit aus der Not entstanden, dass mir einige Paddelfreunde nicht erst in Zusammenhang mit der Pandemie, sondern schon im Februar, als ich mit gebrochenem Knöchel zuhause herumlungerte, abhanden gekommen sind. Das Social-Distancing der letzten Monate hat ein Übriges getan und mich zum paddelnden Misantroph gewandelt. Ich fühle mich nicht völlig unwohl in dieser Rolle.

So bin ich Freitagabend erneut mit voller Expeditionsausrüstung Richtung Schwarzwald gefahren und habe mich auf einem Wanderparkplatz eingerichtet, von dem aus ich am anderen Morgen ganz früh ins Monbachtal wandern wollte. Daraus wurde nichts.

Ich habe schlichtweg viel zu gut und lange in meinem Auto geschlafen. Da es nun schon zu spät war entschied ich mich spontan quer über den Schwarzwald uns Rheintal hinunter zu fahren und mir einen Einstieg in die Rheinauen, derer es erstaunlich viele gibt, zu suchen. Ich suchte bei Rheinau - denn das klingt schließlich sehr nach Rheinauen.

Mein Einstieg lag am "Rheinseitengraben", von dem aus ich mich gut acht Kilometer über Stauflächen und gegen teils stärker strömende Abschnitte den Rheinseitenkanal hinauf gearbeitet habe. "Kanal" klingt nach künstlich angelegtem stark befestigtem Wasserweg mit steilen gemauerten Ufern. Ein solcher ist das jedoch überhaupt nicht.

Es ist vielmehr ein sehr natürlich wirkender, stark mäandernder kleiner Flusslauf, der sich da durch dichten Baumbewuchs windet und immer mal wieder von kleinen Brücken überspannt wird.


Diese Brücken sind gelegentlich so niedrig, dass sie umtragen werden müssen, oder es strömt unter ihnen so stark (weil sie einen kleinen Damm und damit eine Geländestufe bilden), dass das Umtragen auf dem Weg nach oben nötig und auf dem Rückweg entbehrlich ist.


Selbst dort, wo keine große Staufläche ist, verbreitert sich der Flusslauf gelegentlich so, dass er Seencharakter annimmt. Die Strömung bleibt allerdings dort spürbar und der dichte Bewuchs auf dem sonst oft gut erkennbaren festen Boden zeigt durch das wunderbar klare Wasser an, in welche Richtung das Wasser fließt.


An einem kleinen Apfelbaum machte ich nach gut acht Kilometern Flussaufpaddeln eine wohlverdiente Pause. Inzwischen waren mir auch andere Paddlerinnen und Paddler begegnet, die ausnahmslos in Fließrichtung unterwegs waren.


Ich folgte ihrem Beispiel und machte mich auf den Rückweg. Kurz hatte ich überlegt mich zum Rheinseitengraben durchzuschlagen und ihn hinunter zu paddeln, aber das wäre vermutlich eine eher langweilige Fahrt gewesen. Der "Graben" hat wirklich Kanalcharakter.


Erwartungsgemäß zeigt das letzte Drittel des Geschwindigkeitsprofils meiner Fahrt nach der langen Pause deutlich höhere Werte als die ersten beiden. Unterbrochen wurde die Rückfahrt an einem kleinen Angelsteg auf einer der Stauflächen.


Im weiteren Verlauf des Wochenendes erkundete ich weitere Gewässer. Zwei davon sind nicht paddelbar. Eine Wanderung am Samstagnachmittag brachte mich zum Wildsee. Dann wanderte ich doch noch am frühen Sonntagmorgen das Monbachtal hinunter, und schließlich umrundete ich mit dem Fahrrad die aus zwei Stauseen bestehende Nagoldtalsperre.

Letztere wäre durchaus paddelbar (wobei ich den unteren Stausee immer nur mit breiten kargen Uferflächen gesehen habe - er ist wohl selten richtig gefüllt). Der touristische Erschließuntsgrad ist jedoch immens, so dass der Aufenthalt dort für Wochenendmisantrophen wie mich von zweifelhafter Qualität ist. Vielleicht muss ich einen klaren Wintertag für eine Paddelaktion dort auswählen.


Schließlich schloss ich meine kleine Rundreise dieses Wochenendes mit einem Besuch meines Gartenhäuschens ab, in dessen Giebel ich Unterkünfte für Siebenschläfer eingerichtet habe, die bereitwillig (wie das Futter, dass ich ihnen stets, wenn ich da bin, gebe) entgegen genommen wurden.

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