Samstag, 27. März 2010

Testival

Heute ist bei den Horber Paddelbaeren, Peter und Karin, "Testival". Dafür ist gestern extra Jörg Rostock mit einer Auswahl von We-No-Nah Booten aus Deutschlands Osten angereist und ich bin ebenfalls aus Tübingen "angereist" um pünktlich um 10:00 Uhr da zu sein. Die Boote und einige herumwerkelnde Menschen waren bereits auf dem Gelände des ehemaligen Horber Freibads aber weder die Veranstalter noch weitere Interessenten waren zu entdecken - ich muss mir meine Pünktlichkeit abtrainieren - ich fühle mich stets bestraft, wenn die Veranstaltungen nicht rechtzeitig losgehen. In der Hinsicht pflege ich eine etwas übertriebene Sensibilität.

Ich stiefelte also erst noch einmal downtown, wo der Paddelbaerladen ganz im Zentrum der mittelalterlichen Unterstadt Horbs über einem Gewölbekeller liegt, in dem Karin damit beschäftigt war Kuchen für die Besucherscharen vorzubereiten. Ich schaute mir den Laden an, entdeckte allerhand begehrenswerte Kleinodien und machte mich zügig wieder aus dem Staub um dem deutlich wahrnehmbar einsetzenden Konsumsog zu entgehen (damit sollte ich - wie sich später zeigt - keinen Erfolg haben).

Inzwischen war Peter auch auf dem Gelände und wir plauderten erst ein wenig bevor ich mich ans Testen von Booten machte. Ich bin ja in wirklich wichtigen Dingen eher unsensibel und fürchte, dass ich die Unterschiede von Booten nicht recht mit ein paar Paddelschlägen erkennen kann aber dieser Kohlefaser-Rendezvous, an den ich da gleich zu Anfang geraten war, gefiel mir auf Anhieb.
Jörg erzählte mir anschließend, dass der das Boot extra in dieser Version hat anfertigen lassen. Fürs Wildwasser ist er wohl eher nicht recht geeignet weil die Kohlefaser zu spröde ist um richtig harten Steinkontakt zu verkraften. Aber so ein leichtes Laminatboot würde ich der Royalexversion dennoch vorziehen weil es sich bei dem langen voluminösen Boot ja auch um eines handelt, in dem man nicht steinige steile Bäche paddelt sondern eher auf größeren Gewässern unterwegs ist. Auch auf dem ruhigen Neckar ließ er sich trotz erkennbaren Kielsprungs gut geradeaus paddeln und fuhr aufgekantet bereitwillig um den Brückenpfeiler hinter dem ich ein Kehrwasser wähnte, das aber mangels Strömung gar nicht da sein konnte. Im Nachhinein erkläre ich mir diesen Wohlfühlfaktor damit, dass das Unterschiff des Rendezvous starke Ähnlichkeiten mit dem meines MadRiver Independence hat. Die V-Form zieht sich weit bis in die Mitte. Dort befindet sich eine gute Länge Rundboden bis das Heck-V wieder ansetzt. Die gleichen Manöver absolvierte ich anschließend in einem Kevlar-Argosy, der sicher auch ein vortreffliches Boot ist mir aber eine Spur träger vorkam und weniger Freibord hat. In richtig bewegtem Wasser wäre mir das zu wenig.

Zwischenzeitlich habe ich auch ein Runde im We-No-Nah Prospector gepaddelt weil der einen erkennbar runderen Boden als dieser unsägliche Nova-Craft Prospector hat. So rund wie der Originalprospector ist der von We-No-Nah zwar auch nicht aber die immer noch stärker ausgeprägte Rundung tut dem Boot spürbar gut. Aber der ganze Kult um den Prospector - da waren Peter und ich uns einig - hängt wohl mit Bill Mason zusammen. Der hat dieses Boot publizistisch glorifiziert (während er doch häufig auch den Pal paddelte ohne ihn in gleicher Weise anzupreisen). Weiterhin ist es wohl so, dass der "authentische" leicht nach innen geneigte Steven des Prospectors eben sehr an die aus der Indianerliteratur bekannten Boote erinnert - das spricht auch den Feierabendtrapper in mir an.

Ich kannte Jörg Rostock noch nicht. Er macht sich eher rar in der Canadierszene und scheint erheblich weniger missionarischen Eifer zu entwickeln als andere Importeure die ihre qualitativ den We-No-Nah-Booten durchaus vergleichbaren Kanus wortreich anzupreisen pflegen und - wie ich schon erlebt habe - hinter vorgehaltener Hand über die Paddelfertigkeiten ihrer Kunden lästern. Jörg Rostock scheint da eine seriösere, wenn auch geschäftsmäßigere Haltung entwickelt zu haben. Das ist mir inzwischen deutlich sympathischer.

Nicht ohne ein/zwei Gedanken dem Kuchen, der da noch vor kurzem vorbereitet worden war, zu widmen ging ich dann noch einmal zu Karin in den Laden wo ich der Versuchung, eine Laterne fürs Zelt zu erwerben, nachgab. Dann machte ich mich (leider ohne Kuchen) auf den Heimweg.

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