Eigentlich sollte man ja im ersten Märzdrittel mit einigermaßen frühlingshaften Temperaturen rechnen aber dieser etwas penetrante Winter will uns nicht recht verlassen, so dass wir uns eben mit ihm abfinden müssen. Wir, Anita, Claudius, Klemens und ich hatten beschlossen Sonntag Boot fahren zu gehen und hatten angesichts der Schneemassen entschieden nicht so weit fahren zu wollen. Unsere Wahl fiel auf die Große Lauter auf der Schwäbischen Alb nicht zuletzt deshalb, weil sie ab kommenden Montag für Boote gesperrt ist (vielleicht besuchen wir sie kommenden Sonntag noch einmal).
Schon die Anfahrt machte klar, mit welchen Verhältnissen im Lautertal zu rechnen war. Selbst die Straßen dahin waren schneebedeckt. Für uns Paddler kann Schnee allerdings auch ein Freund sein denn dort, wo man sonst das Boot mühsam umtragen muss kann man es bei Schnee wie einen Schlitten hinter sich her ziehen. Dass zu den gemessenen -6° noch ein eisiger Wind hinzukam machte diese Schlittentour an manchen Stellen zu einer gefühlten Inlandeisüberquerung auf Höhe von Thule.
Wir kamen kurz nach elf in Weiler an, entluden den Anhänger und das Auto, zogen uns um und Claudius fuhr das Gespann hinunter zur Aussatzstelle in Unterwilsingen. Er hatte dann - wie er es ausdrückt - das Privileg mit dem Fahrrad auf verschneiten Wanderwegen am Flussufer entlang zurück zu uns zu strampeln.
Die Lauter führt zunächst ein kurzes Stück an einer Straße entlang, biegt dann aber in ein natürliches Hochtal ein, in dem kein Straßenverkehr stattfindet. Wir paddelten gegen 12:00 Uhr los und hatten zunächst einen ruhigen Eingewöhnungsabschnitt zu bewältigen. Nach einigen Kilometern wurden sogar die Hände warm und die erste Umtragestelle, die Getreidemühle in Indelhausen, bot auch den Füßen wieder etwas Bewegung. Mir war in meinem Trockenanzug überhaupt nicht kalt und auch der Schwall Wasser, den ich an der kleinen Stufe des Kanals hinter der Mühle ins Boot bekam störte mich nicht weiter. Ich paddelte einfach weiter und nahm das Wasser mit.
Hinter der Mühle wird das Tal einsamer, aber nicht so einsam, dass wir nicht hin und wieder auf Spaziergänger trafen, die ob unseres Treibens eher den Kopf schüttelten. Nicht so diese beiden, Thomas und Doris, denen wir kurz darauf begegneten.In ihren Augen funkelte unverhohlener Neid - auch wenn sie's nicht zugaben.
Wir paddelten weiter in den einsamen Teil der Lauter und kamen allmählich der Wartsteinstrecke näher, die unter dem gleichnamigen Aussichtsturm entlang führt. Dort gräbt sich die Lauter immer tiefer in den Muschelkalk und stürzt an einer Stelle über 4 Meter einen Wasserfall, den Hohen Giessel hinunter.
Es war schon seit früher Jugend Claudius' Traum gewesen, diesen Wasserfall hinunter zu fahren und heute - nach reichlicher Überlegung und Absolvierung des Wildwasserabschnitts darüber, den wir anderen drei nach vorhergehender Besichtigung schon ob der vielen Baumhindernisse weiträumig untrugen bzw. -zogen - wagte er - nach wirklich eingehender Besichtigung - die Abfahrt. Ich habe sie in einem qualitativ wenig präsentablen Filmchen festgehalten, Klemens hat - wie immer - spektakulär gute Bilder gemacht.
Wir drei hatten uns unten am Pool mit Fotoapparaten, Wurfsack und ausgefeilten Rettungsplänen postiert, konnten aber glücklicherweise nur die Apparate zum Einsatz bringen.
Nach dieser wilden Aktion machten wir erst einmal an einem sonnigen Plätzchen eine ausgedehnte Vesperpause um danach den restlichen Abschnitt abzupaddeln und - zu umziehen. Der Biber ist jetzt auch ins Lautertal vorgedrungen und beschäftigt sich damit den kleinen Fluss mit Baumhindernissen zu versehen. Wir mussten das eine oder andere Mal kurze und auch länger strecken Boote ziehen, was uns aber durchaus recht war weil die Bewegung den ausgekühlten Beinen gut tat. In diesem Abschnitt öffnet sich das Lautertal wieder, was der Wind schamlos nutzte um uns eisig entgegen zu blasen. An manchen Stellen vermochte er uns gegen die Strömung zu schieben, wenn wir dem keine Paddelschläge entgegen setzten. Ich brachte am Ende der Fahrt erstmalig das neue alte Paddel zum Einsatz und bin total begeistert. Es ist federleicht und hat eine große sehr effektive Paddelfläche. -Es fiel mir leicht auf der eisigen Lauter von einem verlängerten Sommerwochenende an der Reuss (wie die zwei Tage im letzten Jahr) zu träumen, wo ich mit dem gleichen Boot und dem vortrefflichen Paddel sicher viel Spaß hätte.
Aber irgendwann erreichten wir - nach insgesamt 4 Stunden auf dem Fluss - auch gegen den heftigen Wind Unterwilsingen, halfen uns gegenseitig aus völlig vereisten Schwimmwesten (die Riemen lassen sich fast nicht öffnen, wenn sie erst einmal eine Eisschicht haben) und den Paddelklamotten, beluden Auto und Anhänger und fuhren zurück nach Tübingen wo wir unsere Boote noch eben im Neckar von der penetranten Streusalzschicht, die sie auf der Autofahrt angesetzt hatten, befreiten.
Die Lauter ist immer wieder ein lohnender Kleinfluss und ich überlege ernsthaft, ob ich doch noch einmal am kommenden Sonntag auf ihr paddele. Aber das mache ich von Wetter abhängig. Zu kalt sollte es nicht sein, aber Schnee sollte schon noch liegen, damit die notwendigen Umtragungen sich etwas leichter gestalten.
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