Ankunft und erster Kurstag
Übereifrig wie so oft bin ich schon am Donnerstagmittag losgefahren und da ich – wie sich herausstellen sollte – von allen Teilnehmer den kürzesten Anfahrtsweg hatte war ich trotz des einen oder anderen umsonst gefahrenen Kilometers (die Schweizer Straßenführung ist komplex aber präzise) als erster an dem Zeltplatz an, den ich ja schon von der Reuss-Fahrt aus dem Juli kannte. Ich hatte also Zeit in aller Ruhe Zelt und Ofen und das ganze mitgeschleppte Ausrüstungsgerödel zu installieren und mich ein wenig lang zu machen bevor der Kursleiter, Heinz, anrief und mitteilte, dass er im Stau stecke und das ich doch die eintrudelnden Teilnehmer in Empfang nehmen sollte weil er erst spät kommen werde.
Das konnte ich dann auch gleich machen als Ruth und Joachim aus dem Saarland kamen, die noch in der Dämmerung ihr Zelt aufbauten. An der Feuerstelle nahmen wir dann – weil die Campingplatzkneipe schon dicht gemacht hatte – ein Abendessen zu uns. Der Abend war noch vergleichweise mild. Spät und im Dunkeln trudelten später Claudia und Dennis ein – beide schon Kursveteranen bei Heinz – sie bauten Claudias Tentipi im Licht der Taschenlampen auf.
Am anderen Morgen stand dann auch irgendwo Heinz’ VW-Bus mit dem Bootsanhänger – er war offenbar irgendwann vor Mitternacht eingetroffen und hatte im Bus übernachtet. Wir frühstückten, jammerten kollektiv über das lausige Wetter, trugen die Boote zu den Zelten, und gingen zur allgemeinen Vorstellungsrunde über. Heinz kitzelte aus uns die jeweiligen Vorkenntnisse und Erwartungen an den Kurs heraus und machte uns mit dem bevorstehenden Programm vertraut, dessen unpopulärster Bestandteil eine Schwimmeinlage zum Einüben der Selbstrettung darstellen sollte. Anschließend brachten wir seinen Bus mit dem Hänger an die Aussatzstelle in Mellingen.
Dann ging es aufs knappe Wasser – die Reuss hatte weniger davon als Heinz, der ja schon einige Male da war, bisher hier erlebt hatte. Wir waren mit vier Solobooten (Heinz, Claudia, Dennis und ich) und einem Tandemcanadier (Ruth und Joachim) unterwegs und steuerten die oberhalb des Campingplatz gelegene Kiesbank an, an der wir zunächst an einem sanften Kehrwasser Kehrwasseraus- fahrten sowie kurze und lange C-Turns übten.
Der mit dem schwarzen Helm im Boot ist nicht Darth Vader sondern Heinz
Heinz beobachte schon einmal analytisch unsere jeweilige Paddelpraxis und registrierte die Fehlhaltungen und gab erste Korrekturtipps. Mir sollte trotzdem erst am dritten Tag klarwerden, dass der Duffek eigentlich kein Stützschlag ist sondern ein schwertartiges Einschneiden des Paddels im Wasser – das mag an meiner Begriffsstutzigkeit und meinem Sicherheitsbedürfnis liegen. So ein Stützschlag stabilisiert natürlich enorm aber er bremst das Boot auch entsetzlich ab.
Nach geraumer Zeit an diesem „Pille-Palle-Kehrwasser“ – und einem kleinen Hagelschauer, an den sich noch mancher Regenschauer anschließen sollte – paddelten wir flussabwärts und landeten nach der einen oder anderen Kehrwasserfahrt hinter Blöcken im Fluss an einer breiten Kiesbank an. Hier wurden die Wurfsäcke ausgepackt und jeder und jede war aufgefordert, das Boot oberhalb der Kiesbank im Strom zu kentern und aus eigener Kraft oder eben mit Hilfe der Wurfsäcke wieder auf die Kiesbank zurück zu schwimmen. Heinz machte es (in seinem komfortablen Trockenanzug) vor und wir in unseren glitschigen Neo-Anzügen der Reihe nach nach. Ich hatte mich ganz hinten angestellt und mogelte mich noch diesseits der Strommitte ins Wasser, so dass ich – nachdem ich mein Boot wieder aufgerichtet hatte- unschwer die Kiesbank noch an ihrem oberen Ende erreichte.
Danach übten wir im weiteren Flussverlauf Kehrwassereinfahrten, C-Turns und Kehrwasserausfahrten sowie erste Seilfähren. Zwar war mir das alles vertraut aber mit dem nervösen kleinen Boot ist es eben gar nicht so leicht auf einem recht breiten Fluss die Linie zu halten und Heinz bekam schnell heraus, dass meine Körperrotation, auf die ich letztlich noch so stolz war, sehr zu wünschen übrig lässt. Dies vor allem, wenn die Strömung oder der Wellengang mal ein wenig mehr Stress bereitet. Hier habe ich noch allerhand zu üben.
Nach einem endlos lang scheinenden ereignislosen Abschnitt erreichten wir gegen Ende Heinz’ Bus, luden die Boote auf und fuhren zurück zum Campingplatz. Daselbst feuerte ich den Ofen an, pellte mich aus der Gummihaut und drapierte sie an das frisch konstruierte Zeltstangenkreuz zum Trocknen. Dann wurden die kostenpflichtigen Duschen genutzt und schon im Dunkeln und begleitet von einem kleinen Regenschauer das riesige Tipi aufgebaut, das Heinz sich geliehen hatte. Anschließend trafen wir uns in der Zeltplatzkneipe zum Essen. Die fettigen Spätzle lösten bei mir allerdings mehr Übelkeit als Appetit aus weil ich dusseligerweise mein Antibiotikum (wegen des Zeckenbisses) auf leeren Magen genommen hatte.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen